Masterthesis

Einleitung

Im Klybeck-Quartier in Basel befinden sich im Norden und im Süden mehrheitlich Wohngebäude, welche meistens als Blockrandbebauungen ausgeführt sind. Dazwischen befindet sich das ehemalige Industrieareal, welches diese beiden Teile mit seiner grossmassstäblichen Bebauungsform ‚trennt‘, wie man im Situationsplan gut erkennen kann. Die Schwierigkeit besteht ganz klar darin, diese beiden Teile zu verbinden - jedoch auch den industriellen Charakter (zumindest an/mit einigen Punkten)  beizubehalten. Die identitätsstiftenden Gebäude, die aus meiner Sicht wesentlich zum Charakter des Quartiers beitragen, sind im Situationsplan entsprechend schraffiert.

 

Wie weiter mit dem Quartier?

Wie mit dem Industrieareal weiter verfahren wird, ist schwierig vorherzusagen. Es wurden im Rahmen einer Testplanung einige Vorschläge von namhaften Architekturbüros gemacht. Aktuell werden aus diesen Ergebnissen Synergien gesucht und unter starkem Miteinbezug der Bevölkerung die Planung vorangetrieben.

Ich finde die Vorgehensweise von ‚Klybeck Plus‘ vorbildhaft, auch weil ein Quartier so in einer nur selten (oder nie) dagewesenen Form - nämlich im Dialog mit den Bewohnern - gestaltet wird. Die Schlüsse aus der Syntheseplanung von ‚Klybeck Plus‘ sind begrüssenswert und es ist kein weiterer städtebaulicher Vorschlag meinerseits notwendig. Viel wichtiger ist die Frage, wie die städtebaulichen Absichten von ‚Klybeck Plus‘ in die Tat umgesetzt werden können. Dies möchte ich anhand einer Umnutzung aufzeigen.

Wie in einigen der Städtebaulichen Konzepten der Testplanung vorgeschlagen, schlage ich ebenfalls eine Verbindungsachse zwischen den ‚Naturräumen‘ Rhein und Wiese vor, da diese für die Bewohner des (zukünftigen) Quartiers von grosser Bedeutung sind und das Quartier so zusätzlich aufwerten. Diese Verbindungsachse soll jedoch nicht als künstliche Schneise ausgeführt werden, sondern bestehende, freie Achsen (in meinem Fall die Geleise auf dem Novartis-Areal) dazu umgenutzt werden. Entlang dieser Achse sollen öffentliche Nutzungen Platz finden; auf jeden Fall soll dort auch gewohnt werden. Bei der Syntheseplanungspräsentation vom November 2017 wurde diese Achse ebenfalls in den Plan aufgenommen. Diese Achse wird dort als „Freiraumachse Ost - West“ bezeichnet.

 

Klybeck Platz

Als Standort für den Klybeck-Platz schlage ich den Kreuzungspunkt vor, an dem alle Achsen, nämlich die neue Verbindungsachse, verschiedene Strassen und Tramlinien - und die neue S-Bahnstation - aufeinandertreffen. Diesen Platz stelle ich mir deshalb als stark frequentierten Ort vor, an dem auch viele öffentliche Nutzungen Platz finden können. Einige davon (wie z.B. die Mensa) bestehen bereits und können erhalten werden. Es gibt in verschiedenen Gebieten, so z.B. südwestlich des grossen Platzes interessante Gassen- und Platzsituationen, die aus meiner Sicht erhalten bleiben sollten. Diese Orte laden zum Verweilen ein, wobei der ‚Klybeck Platz‘ eher als Infrastruktur-Knotenpunkt ausgebildet werden soll. Er ist geprägt von Verkehr, Infrastruktur und ständiger Bewegung. Die (zum Teil bereits bestehenden) Platzsituationen im Quartier sollen als Gegenpol dazu dienen und den Bewohnern des Quartiers ein vielfältiges, durchmischtes Angebot bieten.

 

Fragestellung

Bereits zu Beginn war ich der Meinung, dass der ‚Bau 90’ am zukünftigen ‚Klybeck Platz’ einen sehr erhaltenswerten Charakter hat. Dies aus dem Grund, weil die Lage am Platz eine öffentliche Nutzung anbietet – und weil ich dieses Gebäude schon aufgrund seinem äusseren Erscheinungsbild als identitätsstiftendendes Element von ausserordentlichem Wert für das Quartier halte. Dieses Gebäude ist nicht nur durch seine Lage prädesterniert, sondern auch durch seinen aussergewöhnlichen, prägenden Charakter mit einem grossen Ausstrahlungswert weit über das Quartier hinaus.

Doch um ein solches Gebäude mit seinem riesigen Volumen erhalten zu können, muss dafür auch eine Nutzung gefunden werden, die für das ganze Quartier einen Mehrwert erzeugen kann. Nur so ist der Erhalt zu rechtfertigen und wirtschaftlich überhaupt zu begründen. Natürlich ist es nicht einfach, mit der alten Bausubstanz nachhaltig umzugehen. Doch mich hat es von Anfang an interessiert, etwas mit diesem Gebäude zu machen.

 

These

Ich habe die Behauptung aufgestellt, dass das Gebäude alle Nutzungen der Semesteraufgabenstellung unter einem Dach vereinen kann. Doch habe ich nicht einfach nur dafür gesorgt, dass alle Aufgaben des Semesters in ein Gebäude ‚gepackt’ werden; vielmehr bin ich davon überzeugt, dass die von mir vorgeschlagenen Nutzungen sehr gut zum ‚Bau 90’ passen und ein grosser Mehrwert für das Quartier von diesem Gebäude ausgehen kann.

 

Projekt

In meinem Projekt zeige ich auf, dass sich das Gebäude dazu eignet, die neue S-Bahnstation, öffentliche Nutzungen, halböffentliche Nutzungen und Wohnungen aufzunehmen. Dazu ist aus meiner Sicht keine Aufstockung nötig. Bei dem Gebäude handelt es sich bei einer Höhe von rund 42 Metern um ein Hochhaus.

Ich schlage vor, dass die Stadt dieses Gebäude kauft und für vielfältige Nutzungen umbaut. Somit erhält das Klybeck-Quartier im Zentrum ein Haus, das dem Quartier auf verschiedene Art und Weise dient. Dadurch kann um den Platz (und das Gebäude) passieren was möchte - das Haus wird und bleibt identitätsstiftend für das Zentrum des Quartiers und erinnert an dessen Geschichte.

Ausserdem werden die imposanten Räume des Gebäudes durch die öffentliche Nutzung zugänglich gemacht - und werden zum ersten Bild, das man erhält, wenn man das Quartier mit der S-Bahn erreicht.

Die Skizzen und Bilder der 50er-Jahren (als das Gebäude am Platz gebaut wurde) zeugen von einer Grosszügigkeit des Quartiers, der Erschliessung durch Infrastruktur, Geschwindigkeit und Aufbruchsstimmung. Dies hat mich dazu inspiriert, mein Projekt so anzugehen - weil das das Quartier in der Vergangenheit ausgemacht hat; und dieses auch in Zukunft den Charakter dieses Gebiets prägen soll.

Das Gebäude erhält einen unterirdischen Anbau, der als S-Bahnstation dient. Durch grosszügige, unterschiedliche und eindrucksvolle Raumabfolgen gelangt man von der S-Bahn ins Quartier. Steigt man aus der S-Bahn aus, befindet man sich auf einem ‚gewöhnlichen’ Bahnsteig. Das von oben kommende Licht lenkt einem zu den Rolltreppen, die sich in einem grosszügigen Raum befinden, der Licht von oben kommen lässt und in der Nacht das Licht der S-Bahnstation in den Stadtraum strahlt. Am Ende der Rolltreppe kommt man in einen Pufferraum, der einem in die eindrückliche Ankunftshalle leitet. An der Ankunftshalle sind Einkaufsmöglichkeiten angegliedert. Die über der Halle liegenden Lichthöfe bringen Tageslicht in die Halle und leiten einem zu den Rolltreppenaufgängen im Erdgeschoss, wo sich grosszügige Ausgänge befinden, die einem nach Draussen leiten.

Wie bereits mehrmals erwähnt, hat mich die Grosszügigkeit, die Geschwindigkeit und die Erschliessung durch Infrastruktur an dem Ort inspiriert. Deshalb habe ich mich für eine Ausformulierung der Halle entschieden, die nicht beengt. Ausserdem hat mich der Vortrag von Jean-Pierre Dürig inspiriert, der in seinen Projekten aufgezeigt hat, wie Menschenmassen am besten durch Architektur gelenkt werden können. Ausserdem soll das Gebäude begeistern, damit sich die Menschen im Quartier mit diesem Bau identifizieren können.

In den Obergeschossen befinden sich Wohnungen für Singles und Paare. Die Wohnungen haben durch ihre hohen Räume einen besonderen Charakter. Es gibt einen eher intimeren und einen offeneren Bereich. Man betritt die Wohnung im öffentlicheren Teil, an dem das Kochen, Essen und die Loggia angegliedert ist. Daneben befinden sich im eher intimeren Teil das Wohnzimmer, das Bad und der darüber gelegene Schlafbereich.

In den grossen Hallen in den Obergeschossen befindet sich der Co-Working-Space. Die Idee dieser Flächen ist es, dass man quadratmeterweise einen Bereich mieten kann. So finden dort Startups genauso Platz, wie eine grössere Firma – im Dienstleistungs- oder im handwerklichen Bereich. Ebenfalls könnte z.B. ein Verein, oder gar ein Museum eine Fläche mieten. Die Flächen sind immer so ausgebildet, dass sie durch die Lichthöfe leicht unterteilt und über jedes der drei Treppenhäuser öffentlich, oder eher geschlossen erreicht werden können. Die beiden nördlichen Treppenhäuser dienen als Warenanlieferung. Ebenfalls befinden sich in jedem Geschoss ein Pausenbereich mit Balkon und drei Besprechungsräume, die stundenweise reserviert werden können, wenn eine intimere Besprechung gewünscht ist. Die Anzahl der möglichen Nutzungen ist gross, weil die Flächen flexibel eingeteilt werden können. Deshalb habe ich die Flächen nicht verbaut, sondern die erforderlichen Räume an der Fassade angeordnet.

Im obersten Geschoss befinden sich fünf Hotelzimmer, die ohne Rezeption funktionieren. So soll ein Gast online ein Zimmer reservieren können und mit einem Code zu jeder Zeit ein- und auschecken können.

Ebenfalls im obersten Geschoss befindet sich ein doppelgeschossiges Restaurant, das mit seiner Aussicht zu einem grossen Andrang führen wird.

Auf der Dachterrasse befindet sich drei Pavillons: Eine Bar, ein Restaurant und eine Buvette. Ausserdem soll die Dachterrasse mit einfachen Tischen und Stühlen möbliert werden, die den Bewohnern des Quartiers zur Verfügung stehen. Dort können Feste gefeiert werden, oder man kann auch einfach ausspannen. So ist das Erdgeschoss (,die Untergeschosse) und das oberste Geschoss öffentlich und steht allen zur Verfügung.

In meinem Entwurf habe ich (z.B. durch die Leuchtreklamen an der Fassade, die darauf hinweist, was man im ‚Bau 90’ alles findet) bewusst darauf abgezielt, dass das Gebäude zu einer Ikone wird – wenn es das nicht schon längst ist.

 

Ich sehe den ,Bau 90’, wie ich ihn vorschlage, als Maschine – den Motor des Quartiers, das in den nächsten Jahren aufstreben wird. Ein kreatives, anderes, einzigartiges und vielfältiges Quartier. Durch meine Intervention bekommt das Quartier einen Identitätspunkt, der weit über das Quartier hinausstrahlt und den Menschen in vielfältiger Weise dient. Ein Gebäude, mit dem sich die Leute identifizieren können.



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